Es ist so weit. Ferien. Und wieder ist ein Schuljahr vorbei. Ich schaue meinen Sohn an, und frage mich, wann aus dem kleinen Menschen mit Zahnlücke und Rucksack so ein kluger, eigenständiger junger Teenager geworden ist.
Und plötzlich sitze ich da , irgendwo zwischen Weinen und Lächeln.
Es ist ein eigenartiges Gefühl, wenn das eigene Kind beginnt, sich mehr und mehr aus dem Familienkokon zu lösen.
Auf der einen Seite bin ich voller Dankbarkeit.
Wie schön ist es, dass er sich alleine zurechtfindet, dass ich keine Babysitter mehr organisieren muss, dass ich wieder mehr Raum für mich habe.
Und gleichzeitig ist da diese Wehmut.
Weil ich genau weiß: Diese innigen Nachmittage, an denen wir stundenlang gespielt haben, die kommen so nicht mehr zurück.
Ich denke an diese Abende, wie sie wohl viele von uns erlebt haben. Bei uns war es der Lesesessel, mit einem Buch in der Hand. Und wir lesen. Immer wieder dieselben Geschichten. Manchmal laut, manchmal flüsternd, manchmal mit verstellter Stimme.
Diese Zeiten gehen leise vorbei. Irgendwann liest das Kind selbst. Irgendwann sind die Gespräche seltener und doch lebt all das weiter in uns. Diese Rituale, dieses tägliche Innehalten, dieses kleine Fenster zwischen dem Alltag und dem Einschlafen.
Und heute?
Ich sitze allein auf dem Sofa, lese ein Buch, für mich. Oder ich warte im Auto, Hol- und Bringdienst, und denke dabei an früher zurück. Nicht wehmütig , ich weiß: Ich habe mein Kind begleitet, gehalten, gestärkt und jetzt darf ich loslassen. Nicht, weil ich muss. Sondern weil es dazugehört.
Ich habe wieder Platz. Zeit für mich. Projekte, die auf mich warten.
Und doch sehne ich mich manchmal nach der kleinen Version meines Kindes: dem Lachen, dem Träumen, der Neugier. Und dann erkenne ich: Das Loslassen gehört genauso dazu wie das Festhalten. Es tut gut und trotzdem tut es weh.
Ich glaube, das ist eine der schwersten Aufgaben für uns Mütter:
Da zu sein, ohne zu viel zu sein.
Fragen zu stellen, aber nicht zu viele.
Verstehen zu wollen, ohne zu interpretieren.
Irgendwann merkt man deutlich, dass die Zeiten, in denen man automatisch zur engsten Bezugsperson gehört hat vorbei sind.
Man ist nicht mehr die Erste, der erzählt wird, wie der Tag war.
Man ist nicht mehr Teil der Peer-Group.
Und man wird auch nicht mehr ständig gefragt.
Stattdessen merkt man, wie die Kinder eigene Wege gehen und wie schwer es fällt, nicht ständig dazwischenzureden, nicht zu sagen: „Ich würde das aber anders machen“ oder „Ich hab da schon eine Abkürzung für dich.“
Weil ich tief drinnen weiß, dass er seine eigenen Erfahrungen machen muss.
Das ist manchmal schmerzhaft.
Aber gleichzeitig auch ein Zeichen, dass ich etwas richtig gemacht habe.
Dass mein Kind seinen Weg findet – mit mir im Blick, aber nicht in meiner Spur.
Es gibt Phasen, da ist alles gut.
Und dann wieder welche, wo ich denke: „Warum ist gerade jedes meiner Worte zu viel?“
Ich bin beleidigt.
Ich fühle mich abgelehnt.
Ich will doch nur das Beste!
Und gleichzeitig spüre ich: Mein Kind braucht gerade nicht meine Meinung, sondern nur, dass ich da bin.
Einen Raum, in dem er einfach sein kann.
Mit all seinen Gefühlen. Mit all seinen Entscheidungen.
Einen Raum, der nicht bewertet , sondern Schutz bietet. Immer.
Ich habe vor einigen Jahren eine Ausbildung zum Human Design Coach gemacht. Das hat mir auch sehr geholfenn mich und meine Unwelt besser zu verstehen.
Es hat mir gezeigt, dass es nicht darum geht, Menschen in eine Form zu pressen, sondern darum, sie zu verstehen.
Zu erkennen, wer sie wirklich sind – hinter dem Verhalten, hinter der Fassade, hinter den Reaktionen.
Human Design hat mir geholfen, meinen Sohn mit anderen Augen zu sehen.
Ich habe plötzlich verstanden, warum er in manchen Momenten so reagiert, wie er reagiert.
Warum ihn bestimmte Dinge nerven, warum er sich zurückzieht, warum er andere Entscheidungen trifft, als ich sie vielleicht treffen würde.
Weil das sein Weg ist.
Weil das sein Wesen ist.
Es hat mir gezeigt: Er ist nicht dazu da, meine Wünsche zu erfüllen, meine Erfahrungen nachzuleben oder meine ungelösten Themen zu heilen.
Er ist kein Abbild meiner selbst. Kein Spiegel meiner Ideale, Ängste oder Erziehungsmethoden.
Oft, und gerade als Mütter glauben wir unbewusst:
Wenn mein Kind etwas gut macht, dann habe ich alles richtig gemacht. Wenn es Fehler macht, dann habe ich versagt.
Oder wir erkennen uns in gewissen Verhaltensweisen wieder und wollen sie „korrigieren“, weil sie uns an unseren eigenen Schmerz erinnern.
Aber:
Dein Kind ist ein eigener Mensch. Mit eigenem Wesen, eigenem Rhythmus, eigenem Lebensplan.
Ja, wir streiten. Ja, unsere Gespräche sind anders. Aber wir reden. Und manchmal erzählt er Dinge, die sonst niemand hört. Dann weiß ich: Es ist alles gut so wie es ist.
Auch wenn es manchmal schwer ist.
Und mal ehrlich:
Es ist nicht nur das Loslassen.
Es ist auch unsere eigene Veränderung.
Viele von uns stehen mitten in der Perimenopause.
Unser Körper verändert sich. Unsere Hormone fahren Achterbahn.
Und gleichzeitig sollen wir präsent, verständnisvoll, humorvoll und stark sein.
Gar nicht so leicht, oder?
Deshalb sage ich dir:
Wenn du dich manchmal überfordert fühlst, traurig bist, weil dein Kind dich gerade nicht „cool“ findet, du bist nicht allein.
Auch wenn es manchmal so aussieht:
Die perfekten Familien überall.
Die Tochter, die die Mama umarmt und „Du bist die Beste“ sagt.
Der Vater, der jeden Nachmittag Zeit hat und nie laut wird.
Ich verspreche dir: Auch in diesen Familien kippt die Stimmung. Auch dort wird geschrien, geweint, geschwiegen.
Auch dort liegen unausgesprochene Erwartungen in der Luft, auch dort fühlen sich Eltern manchmal hilflos.
Der Unterschied ist nur:
Manche Familien zeigen ihre Risse. Andere verdecken sie.
Doch in Wahrheit sitzen wir alle im gleichen Boot:
Wir versuchen zu lieben, ohne uns selbst zu verlieren.
Wir versuchen präsent zu sein, ohne uns dabei aufzureiben.
Wir versuchen loszulassen, obwohl unser Herz so sehr festhalten möchte.
🔸 Fühlst du dich manchmal wie ein Gast im Leben deines eigenen Kindes?
🔸 Gibt es Tage, an denen du dich fragst, ob du zu viel gibst, oder schon zu viel losgelassen hast?
🔸 Spürst du diesen leisen Schmerz, wenn dein Kind dich nicht mehr braucht , zumindest nicht so, wie früher?
🔸 Fragst du dich, wie du präsent bleiben kannst, ohne dich aufzudrängen?
🔸 Wünschst du dir, dass dein Kind dir mehr erzählt, und gleichzeitig weißt du, dass es seinen eigenen Weg gehen muss?
🔸 Beobachtest du dich manchmal selbst dabei, wie du Ratschläge gibst, obwohl du weißt, dass Stille oft sinnvoller ist als Worte?
🔸 Hast du auch Momente, in denen du spürst, dass deine eigene Sehnsucht mit im Raum steht, und du nicht weißt, wohin damit?
Wenn du beim Lesen innerlich genickt hast, wenn du dich wiedererkennst, dann bist du nicht allein.
Wirklich nicht.
Viele Frauen tragen genau diese Fragen in sich. Sie sind nur oft gut verpackt in Alltag, To-do-Listen und scheinbar funktionierenden Familienkonstrukten.
Doch hinter verschlossenen Türen ringen wir alle.
Mit Veränderung.
Mit Loslassen.
Mit der Sehnsucht, gesehen zu werden.
Und deshalb:
Sprich darüber. Such dir die Menschen, mit denen du ehrlich sein kannst.
Es ist keine Schwäche, sich zu öffnen.
Es ist eine Stärke, sich selbst zu zeigen, auch mit Fragen, mit Zweifel, mit Müdigkeit
Denn genau in diesen Gesprächen erkennst du:
Ich bin nicht falsch.
Es geht anderen auch so.
Ich bin nicht allein.
Wenn du dich in meinen Zeilen wiederfindest, dann schreib mir gern.
Einfach so. Ohne großen Anlass.
Denn genau dafür sind wir doch hier, um uns gegenseitig Mut zu machen in all den leisen Übergängen des Lebens.
Vielleicht magst du auch ein wenig weiterstöbern:
Auf meiner Homepage, in meinen anderen Blogbeiträgen https://drpetraraith.at/blog/#contact oder auf Instagram http://www.instagram.com/dr_petra_raith_
Dort teile ich Gedanken, Fragen und Antworten – für Frauen wie dich, die mitten im Leben stehen.
Mitten im Wandel.
Mitten in der Wahrheit.
Du bist herzlich willkommen.
Immer
Petra